Emotionen ­– was machen sie mit uns und wie entstehen sie?

Wirst du von deinen Emotionen gesteuert, oder steuerst du sie?

„Ob wir etwas als angenehm oder unangenehm empfinden, das hängt größtenteils davon ab, wie wir uns dazu stellen.“ ¹

Michel Eyquem de Montaigne – französischer Humanist

Emotionen – was sind sie und was machen unsere Gefühle mit uns – wie nehmen wir sie wahr?

Jeder kennt sie und weiß auch, wie sie sich anfühlen. Nur wie entstehen Emotionen (Gefühle) und was passiert mit uns, wenn sie einmal voll im Gange sind? Darüber hinaus sind sie auch flüchtig. Und was, wenn ein Gefühl anhaltend ist? Es scheinbar, überhaupt nicht vergehen möchte?

Wird von einem Gefühl gesprochen, dann zeigt sich, dass dessen Interpretation doch sehr unterschiedlich sein kann und auch oft unklar ist, was damit genau gemeint ist. Spricht man umgangssprachlich von einem Gefühl, mit der Aussage: „Ich fühle mich unter Druck gesetzt!“ – „Ich fühle mich nicht gehört oder gesehen!“ – „Ich fühle mich beengt!“. Dann werden mit solchen Aussagen, eher Empfindungen ausgedrückt. Man spricht hier auch: von den »unechten Gefühlen«. Bei näherem Betrachten fällt auf, dass wir auch von einem Gefühl sprechen, wenn wir sagen: „Ich habe Angst!“ – „Ich bin traurig!“ – „Ich bin wütend!“.

In der Emotionspsychologie, wird hier von Emotionen gesprochen, wenn von den sogenannten »echten Gefühlen« wie: Angst, Trauer, Ärger, Wut, Freude, Überraschung und auch Ekel etc. die Rede ist. Was sind nun also Emotionen und wie entstehen sie? Diese Frage lässt sich für jemanden, der sich damit weniger wissenschaftlich befasst, wie die Psychologie, oder auch in einem anderen Berufsfeld: wie der Medizin, Soziologie oder ähnlichem unterwegs ist, gar nicht so leicht beantworten. Dennoch können wir sie spüren und vielfach sind sie uns, auch nicht gerade angenehm – sind sie denn einmal da. Gleichzeitig kommen sie teilweise, in unserem Umfeld, weniger gut an. Je nachdem, welches Gefühl sich zeigt, welche Mimik und auch Körperhaltung Ausdruck findet.  

Was sind Emotionen?

Die Frage: Was sind Emotionen? – lässt sich etwas leichter beantworten, als wie sie entstehen. Eine Definition davon ist: „Emotionen sind Reaktionen des gesamten Organismus, die zum einen physiologische (körperliche) Erregung, Ausdrucksverhalten und bewusste Erfahrung beinhalten.“ ² Alleine diese Erklärung, lässt schon andeuten, dass es sich hierbei um komplexe Vorgänge handelt – die ihre Wirkung in uns entfalten. Es kommt also etwas in Bewegung.

Diverse Erklärungsmodelle

Die Psychologie kann sich hier unterschiedlicher Brillen bedienen, es aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Entweder aus Sicht der Kognition (Wahrnehmen & Erkennen), beziehungsweise der Neurobiologie (eher der körperliche Aspekt) oder auch der affektiven Komponente (Verhalten & Einstellung). Dadurch entstehen diverse Erklärungsmodelle für Emotionen (Gefühle) und wie sie entstehen.

Wie treten Emotionen in Erscheinung?

Gehen wir der Frage nach: Wie treten Emotionen also in Erscheinung? Phänomenologisch (wie zeigt sich etwas) zeichnen sich hierbei folgende Elemente ab: 1. Beziehen sich in der Regel auf ein Objekt – 2. Jede Emotion fühlt sich anders an, verändert auch Wahrnehmung und Gedanken – 3. Zeigt sich in unterschiedlichem Verhalten – 4. Körperliche Erregung (Aktivität) findet statt, beispielsweise: Herzschlag & Atemfrequenz verändern sich, oder auch die Schweißdrüsenaktivität und wahrnehmbare Veränderungen im Magen-Darm-Trakt sind möglich. Emotionen berühren uns also, auf irgendeine Art und Weise. Diese unterschiedlichen Zustände, werden auch, unter anderem durch unser Nervensystem gesteuert und unser Hormonsystem wird dabei getriggert. Das Hormonsystem schüttet unterschiedliche Botenstoffe aus, wie beispielsweise: Testosteron, Cortisol, Dopamin und Oxytocin. Wir empfinden das dann, als angenehme / unangenehme körperliche Reaktionen in uns.

1. Beziehen sich auf Objekte

Emotionen haben also bei näherem Betrachten einen objektbezogenen Charakter, beziehen sich auf Dinge und/oder eine Person. Beispielsweise: „Man ist verliebt in“ – „Man hat Angst vor“ – „Man ist traurig wegen“. Wir stellen also einen Zusammenhang zu etwas oder jemanden her. Es findet eine Art von Bewertung in uns statt.

2. Verändertes Erleben

Dabei zeigt sich auch, ein verändertes Erleben. Emotionen haben Einfluss auf die individuelle Wahrnehmung und Gedanken – wie fühlt sich etwas an. Und sicherlich spielen ebenso unsere vorhandenen Glaubenssätze, die wir haben, eine Rolle, wie wir Emotionen wahrnehmen.

3. Verändertes Verhalten

Darüber hinaus kann verändertes Verhalten festgestellt werden. Emotionen haben Einfluss darauf, wie wir mit Problemen, potenziellen Gefahren umgehen. Selbst unser Kaufverhalten enthält eine emotional gesteuerte Komponente.

4. Körperliche Erregung

Gleichzeitig spüren wir in uns eine körperliche Erregung. Denken wir einmal zurück, an das erste Verliebtsein. Dann sind uns bestimmt, noch unsere Gefühlsregungen, welche wir hatten, in Erinnerung. Vielleicht konnten wir ein Kribbeln in unserem Bauch spüren – wie Schmetterlinge. Fühlten uns beflügelt. Eine positive Aufregung machte sich in uns breit und wir waren total glücklich in diesem Moment. Das Dumme daran ist, dass diese Zustände nicht anhalten und von Dauer sind. Gefühle kommen und gehen auch wieder. Gerade die positiven Gefühle würden wir gerne länger festhalten. Es zeigt sich: Emotionen, benötigen also in irgendeiner Form einen Auslöser.

Wie fühlt sich eine Emotion an?

Zudem kann jede Emotion, aus zwei Dimensionen (Ebenen) heraus betrachtet und subjektiv empfunden werden. Wie fühlt sich eine Emotion an?

Wir stufen dabei Emotionen als angenehm / unangenehm ein. Hier spricht die Psychologie auch von der Valenz. Des Weiteren empfinden wir Emotionen als stark oder schwach. Damit ist die Erregung (Arousal) gemeint. Das ist davon abhängig, wie stark der allgemeine Grad der Aktivierung in unserem zentralen Nervensystem, angestoßen wurde. Somit können Emotionen anhand der zwei Ebenen erfasst und beschrieben werden.

Körperliche Reaktionen mit starker Erregung

Unter Umständen, fällt es uns jedoch schwer, körperliche Reaktionen (mit starker Erregung), welche bei Gefühlen wie: Wut, Panik, Angst in uns entstehen, klar zu unterscheiden. Da alle genannten Emotionen, mit einer erhöhten sympathischen Wirkung – das ist der Teil in unserem Nervensystem, der unser »Kampf-Flucht-Verhalten« aktiviert, einhergehen. Emotionen wie: Angst, Ängstlichkeit, Furcht und Phobie, werden in der Psychologie auch noch einmal genauer differenziert, obwohl sich alle für uns ähnlich anfühlen. Dabei wird ersichtlich, dass wir Gefühle unterschiedlich bewerten und sie auch ganz individuell wahrnehmen. Was außerdem, mit unseren gemachten Erfahrungen und vorhandenen Wissen in Zusammenhang steht.

Rationale / irrationale Wahrnehmung

1. Rationale Wahrnehmung

Wir können unsere Gefühle auch rational und irrational wahrnehmen und trotzdem spüren wir, was wir beispielsweise, als Angst beschreiben. Ziehen wir das Erklärungsmodell von unserem »Kampf-Flucht-Verhalten« heran: so ist eine »rational« wahrgenommene Angst (Furcht) vorhanden, wenn wir vor einem Säbelzahntiger stehen. Denn hier zeigt unser Nervensystem an, dass tatsächlich Gefahr besteht und somit die Angst auch wirklich begründet ist. Stress entsteht und die Botenstoffe Noradrenalin / Adrenalin und Cortisol schießen durch unsere Adern. In diesem Fall soll uns, diese Form der körperlichen Reaktion, behilflich sein, angemessen aus der Situation herauszukommen. Die Emotion ist hiermit eine Überlebensstrategie.

2. Irrationale Wahrnehmung

Anders verhält es sich bei »irrationalen« Ängsten, denn hier geht keine konkrete Gefahr aus. Die Angst tritt scheinbar grundlos auf. Betroffene können sie oft, auch nur schwer kontrollieren. Diese Form von Angst kann sich faktisch in eine Phobie wandeln. Dadurch erschweren sich, in vielen Fällen, die Alltagssituationen der leidtragenden Personen und ihrem Umfeld. Es stellt sich hier also die Frage: Was konkret ängstigt mich? – Besteht wirklich Gefahr? – Ist das, wovor ich mit einer starken Angstreaktion reagiere, eine wirkliche Bedrohung für mich? Gerade Ängste können konditioniert sein. Das Gute ist, dass Konditionierung auch wieder desensibilisiert werden können – was in der Verhaltenstherapie auch angewandt wird. Außerdem gibt es mehr oder weniger ängstlich, veranlagte Personen.

Am Modell lernen

Emotionen können auch abgeschaut werden (am Modell lernen). Um das zu veranschaulichen, nehme ich ein Beispiel aus meiner eigenen Kindheit heran: Ich war ca. 13 Jahre alt. Meine Eltern, Geschwister und ich waren eingeladen bei Bekannten auf einer Schweizer-Almhütte. Wir saßen alle zusammen beim Abendbrot, als meine Mutter urplötzlich aufschreckte, schrie vor Angst und auf die Bank sprang. Auch in mir und meinen drei jüngeren Geschwistern, machte sich dieses ungute Gefühl breit und fast zeitgleich mit meiner Mutter, sprangen wir ebenfalls auf die Bank. Mein Vater, der die Situation erfasste, sagte nur ganz trocken: „Das ist doch nur eine Maus.“ Ich selbst, konnte mich gleich in diesem Moment entspannen und setzte mich wieder hin. Nur meine Mutter, die immer noch panisch war und meine jüngeren Geschwister immer noch verunsichert, gaben erst Ruhe, bis mein Vater die Maus gefangen und entfernt hatte.

Kinder lernen anhand Verhalten von Eltern

Gerade Kleinkinder lernen durch Nachahmung. Sie schauen sich das Verhalten von Eltern oder andere Erziehungsbeauftragte ab und reagieren mit gleichen Emotionen darauf. Scheinbar »harmlose Auslöser« können dann unter anderem Stress und Angst in ihnen verursachen. Es fällt ihnen noch schwer, je nach Altersstufe, eine Situation richtig einzuschätzen. Ob, eine tatsächliche Gefahr von dem entsprechenden Objekt, im oben genannten Fall der »Maus« ausgeht, oder nicht. Sie achten dabei vielmehr auf unsere Mimik, welche wir zum Ausdruck bringen. Passt man hier als Elternteil nicht auf, besteht die Möglichkeit, dass man sein Kind auf solche Ängste konditioniert. Das zeigt, dass ein Kind auf seine Umwelt und dessen Reize reagiert. Es speichert diese als Erfahrung ab. Treten solche Situationen wiederholt auf und haben wir als Erwachsene auch keine adäquaten Verhaltensmuster parat, entsteht ebenso Stress im Kind. Es lernt also quasi am Modell. Und entwickelt die gleichen, oder ähnliche Ängste, wenn es denn, keine andere Form der Stressbewältigung kennenlernt. Emotionen sind durchaus mächtig.

Emotionen einschätzen und bewerten

Damit wir als Erwachsene, gut auf unsere Emotionen reagieren können, sollten wir gelernt haben, diese auch gut einzuschätzen beziehungsweise zu bewerten. Wir entwickeln im Laufe der Jahre, mehr oder weniger, diverse Bewältigungsstrategien. Emotionen sind somit eine Art Gradmesser in uns. Sie zeigen uns, unser Wohlergehen und unsere Stimmigkeit auf.

Die Bewertung unserer Emotionen laufen schnell und teilweise automatisch ab, je nach Bewertungsmuster werden unterschiedliche Gefühle in uns ausgelöst. Emotionen benötigen ebenso gemachte Erfahrungen mit Objekten. Setzen gewissermaßen, auch das Erkennen und Wahrnehmen von Zusammenhängen voraus. Das hilft uns dabei, das Erlebte richtig einschätzen zu können.

Wahrnehmungsfilter – Primäre Bewertung

Wir nehmen unsere Umwelt durch einen Wahrnehmungsfilter auf – dieser trifft bereits eine Selektion der einströmenden Reize (Stressoren). Daraufhin findet eine erste (primäre) Bewertung beziehungsweise Interpretation des Stressors (Reizes) statt. Wir beginnen einzustufen: positiv, negativ (gefährlich) oder irrelevant (neutral). Bezogen auf unsere Gefühle, können folgende Fragen für Klarheit sorgen und hilfreich sein, bei der Einschätzung: Betrifft der Auslöser mich selbst oder meine Zielvorstellungen? – Was von mir ist betroffen? Das können unsere Werte, moralische Vorstellungen, Ansehen, Verletzungen aufgrund vorangegangener Erfahrungen sein, sowie das bereits Erlebte ganz allgemein.

Sekundäre Bewertung / Ressourcen (Handlungsmöglichkeiten)

Außerdem findet eine zweite (sekundäre) Bewertung statt. Es wird nach verfügbaren Ressourcen (Handlungsmöglichkeiten) in uns, Ausschau gehalten. Besitzt eine Person mangelnde oder ausreichende Ressourcen. Jede Emotion, welche in uns ausgelöst wurde, kann unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden. Des Weiteren werden sie auch, durch unsere Ressourcen mitbestimmt. Ob wir uns, dazu befähigt fühlen, entsprechend handeln zu können.

Coping

Wurde beispielsweise: die primäre Bewertung, als gefährlich (negativ) erfasst und interpretiert, außerdem in der sekundären Analyse, mangelhafte Fähigkeiten (Ressourcen) festgestellt, entsteht »Stress« in uns. Nun wird nach einer Verbesserung der Situation (Coping-Strategie) gesucht. Coping (die Bewältigungsstrategie) kann zum einen »problemorientiert« (Situation selbst ändern), oder auch »emotionsorientiert« (Bezug zur Situation ändern) sein. Daraufhin findet eine Neubewertung (Anpassung und Lernen), in uns statt. Ziel ist es, die eigene Stimmigkeit wieder herzustellen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen: Coping – also wie wir etwas bewältigen, ist nicht in jedem Fall gut für uns und unsere Gesundheit. Das zeigt vor allem der Konsum von Suchtmitteln, welche uns auch, in einen entspannten Zustand versetzen können. Diese Form der Bewältigungsstrategie, kann im ersten Moment eine Lösung darstellen, wird sie jedoch als Dauerlösung angestrebt, ist sie eher schädlich.

Emotionen neutral betrachtet

Halten wir einmal fest: Emotionen ganz »neutral« betrachtet, sind also weder gut noch schlecht. Sie sind einfach nur das, was sie sind – eben Emotionen. Sie sind eine Art Stimmungsbarometer – zeigen uns an: ob wir etwas brauchen; wie zufrieden wir sind; ob wir uns wohlfühlen und Stimmigkeit in uns vorhanden ist; oder ob wir gar eine Veränderung wünschen. Emotionen werden als: angenehm / unangenehm wahrgenommen, empfunden und interpretiert – gehen mit einer starken oder schwachen körperlichen Erregung einher – können rational / irrational sein. Dergleichen haben sie objektbezogen Charakter und können subjektiv empfunden werden.

Außerdem lernen wir Emotionen anhand von Erfahrung und Wissen einzustufen. Gleichzeitig können sie auch am Modell weitergegeben werden. Sie haben auch Einfluss auf unser Sozialverhalten. Helfen uns beim Aufbau von Verständnis und Empathie. Besitzen mitunter, die Fähigkeit, die zwischenmenschliche Kommunikation zu verschlechtern und zu verbessern. Wir können Emotionen auch anhand von Mimik und Körperhaltung erfassen. Selbst Mikroexpressionen (flüchtige Gesichtsausdrücke, die Sekundenbruchteile dauern) können ausreichen. Eingehende Sinnesreize wie: Gerüche, Düfte, aber auch das Betrachten von Dingen, sowie Klänge können unmittelbar Emotionen auslösen und uns auch zu blitzschnellen Reaktionen veranlassen. Darüber hinaus, können wir lernen unsere Emotionen zu steuern.

Fazit: Emotionen als reine Gefühlsduselei abzutun, wird ihnen wohl kaum gerecht. Ich würde sagen: „Emotionen dienen uns als Sprachrohr – sie sind die Sprache unseres Körpers.“ Und genau deshalb haben sie auch unsere Beachtung verdient.

Quellenhinweise:

1 https://www.gutzitiert.de/zitat_autor_michel_eyquem_de_montaigne_thema_gefuehle_zitat_32021.html – Letzter Aufruf 13.09.2022

2 https://www.studocu.com/de/document/georg-august-universitat-gottingen/einfuhrung-in-die-gebiete-der-psychologie/myers-kap-13-emotion-psychologie/26769664 – Letzter Aufruf 13.09.2022

Weitere: Manuel Pietzonka – Emotionspsychologie 1 – Was sind Emotionen und wie entstehen sie? – https://www.youtube.com/watch?v=BK_dzGMzkhk – Das Video ist allgemein eingeflossen in den Text – Letzter Aufruf 12.09.2022

Bildnachweis:

https://pixabay.com/de/photos/smiley-emoticon-der-zorn-ver%c3%a4rgert-2979107/